Wie verändert KI den Vertrieb und Kundenservice? Welche Rolle spielen Use Cases? Und woran scheitert die Umsetzung im Unternehmensalltag – trotz des technologischen Fortschritts? Genau darüber haben sich im Expert-Talk „Kein Use Case, kein KI-Erfolg“ drei ExpertInnen aus Beratung und Praxis ausgetauscht: Roman Erlacher (NovaTaste), Ron Boes (SYBIT) und Jonas Degener (SYBIT). Knapp 200 Teilnehmende hörten eine zentrale Erkenntnis: Wer KI wirklich wirtschaftlich nutzen will, muss weg vom Tool-Hype – und hin zu klar definierten Businesszielen.
Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Fragen, Antworten und Anwendungsbeispiele aus dem Talk.
Zwischen Hype und Realität: Wie weit ist KI im Business angekommen?
In vielen Unternehmen ist KI noch stark durch Technologie getrieben. Neue Tools erscheinen im Wochentakt, die Schlagzeilen drehen sich meist um Features, weniger um Wirkung. Doch das ändert sich: Der Fokus verschiebt sich zunehmend in Richtung konkreter Businessprobleme – insbesondere im Kontext Customer Experience (CX). KI-Projekte werden nicht mehr „just for show“ umgesetzt, sondern zur Lösung von Problemen wie langen Reaktionszeiten, Überlastung im Callcenter oder ineffizientem Dokumentenhandling.
Vom Problem zur Lösung: Wie entsteht ein sinnvoller KI-Use Case?
Aber: Wie sieht ein sinnvoller Weg vom Problem zur passenden KI-Lösung aus? Zentral ist die Umkehr der Perspektive: Unternehmen sollten nicht mit der Frage „Welches Tool setzen wir ein?“ starten, sondern mit der Frage „Welches Problem wollen wir lösen?“ Erst dann folgt die Auswahl des Tools, der Plattform und der Architektur. Plattformen wie SAP BTP oder Microsoft Azure bieten hier strategische Vorteile, müssen aber im Rahmen einer Gesamtarchitektur betrachtet werden – inklusive Datenmodell, Governance und Schnittstellen.
Use Cases entwickeln: Wie komme ich vom Prozess zum echten Mehrwert?
Ein effektiver KI-Use Case entsteht nicht durch Zufall – aber auch nicht durch übermäßige Komplexität. Im Expert-Talk wurde deutlich: Wer Prozesse analysiert, Pain Points systematisch identifiziert und die richtigen Personen einbezieht, schafft die Basis für sinnvolle Anwendungen. Wichtig ist, dass die Lösung in den Arbeitsalltag passt: „KI zum Menschen bringen, nicht umgekehrt“.
Besonders hilfreich: sogenanntes Shadow Working. Dabei begleitet ein Experte Mitarbeitende im Tagesgeschäft, beobachtet Arbeitsabläufe und erkennt so Verbesserungspotenziale, die in der Prozessbeschreibung oft unsichtbar bleiben. Ergänzt durch gezieltes Sparring zwischen Fachbereichen und Beratung lassen sich so Use Cases entwickeln, die praxisnah, umsetzbar und wirtschaftlich relevant sind.
Wirtschaftlicher Nutzen: Wie lassen sich Use Cases bewerten?
Eine Herausforderung bleibt: Wie lässt sich der Business-Impact von KI-Use Cases bewerten? Der Return on Investment (ROI) ist nicht immer leicht zu berechnen. In der Praxis empfiehlt sich eine relative Bewertung anhand zweier Achsen: erwarteter Nutzen vs. Umsetzbarkeit. Statt Perfektion geht es darum, die vielversprechendsten Ideen zu priorisieren und erste Quick Wins sichtbar zu machen. Typische messbare Effekte lauten dabei beispielsweise:
- weniger Serviceanfragen,
- kürzere Bearbeitungszeiten,
- mehr Self-Service,
- bessere Datenqualität.